Ergebnisse der aktuellen ZEW-Standortstudie des ZEW Mannheim
Kanada auf Platz 2, Deutschland nur 18ter

Das aktuelle Standort-Ranking für Familienunternehmen des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaft (ZEW) sorgt für Aufsehen. Auf dem Länderindex von 21 Nationen ist Deutschland auf den viertletzten Platz abgestürzt, während Kanada auf der zweiten Spitzenposition nach den USA rangiert:

Ländervergleich

In dieser – alljährlich von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegebenen- Studie werden die Standortbedingungen für Familienunternehmen im internationalen Vergleich analysiert. Der Länderindex bewertet auf Basis zahlreicher gewichteter Subindizes umfassend und detailliert sechs maßgebliche Standortfaktoren: Steuern, Regulierung, Infrastruktur, Bildung, Finanzen und Energie.

Während das ernüchternde Ergebnis von Deutschland lt. ZEW vor dem Hintergrund von zu viel Bürokratie, hoher Steuerbelastung, zu geringer Innovationsbereitschaft, hohen Energiekosten und Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zu sehen ist, überraschen die herausragenden Ergebnisse in Kanada.

Diese wurden lt. ZEW insbesondere in den Bereichen „Arbeitskosten“, „Produktivität“, „Humankapital“, „Regulierung“ und „Finanzierung“ erreicht, während in den Subindizes „Steuern“, „Energie“, „Infrastruktur und Institutionen“ lediglich Mittelplätze erreicht wurden.

Ländervergleich 2

Quelle: ZEW Studie, Calculus Consult

 Kurz zusammengefasst die Faktoren, die Kanada zur Silbermedaille verholfen haben:

  1. Herausragende Ergebnisse in den Bereichen der Geschäftsgründung von Kapitalgesellschaften
  2. Sehr gute Ergebnisse in den Bereichen Regulierung der laufenden Geschäftstätigkeit
  3. Starker Gläubigerschutz und schneller Erhalt transparenter Kreditinformationen
  4. Weniger strenge Unterkapitalisierungsvorschriften bei grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten im Vergleich zur EU (EBITDA-Zinsschrankenregulierung)
  5. Sehr gute Sovereign Risk-Ratings der Ratingagenturen (Staats- bzw. Länderbonität)
  6. Geringe Importabhängigkeiten im Energiebereich und günstigere Strompreise
  7. Insgesamt durchschnittlich komplexes Steuersystem, keine Erbschaftssteuer, aber hohe Steuersätze
  8. Beste Ergebnisse bei allen Bildungsindikatoren mit sehr guten PISA-Ergebnissen und dem höchsten Bevölkerungsanteil hochqualifizierter Erwerbspersonen und tertiären Bildungsabschlüssen

Wo viel Licht ist, ist aber auch Schatten. Die Ergebnisse bei den kanadischen Arbeitskosten und der Arbeitsstundenproduktivität sind unterdurchschnittlich und es besteht hoher Aufholbedarf bei der Infrastruktur (langsamer und schlechter Ausbau des Straßen- und Schienennetzes). Das Stromnetz weist die längsten Ausfallsraten in Tagen aller untersuchten Länder auf. Die relativ hohe Verschuldung (bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt) der privaten und öffentlichen Haushalte ist riskant, wenig zukunftsorientiert und limitiert Investitionsmöglichkeiten. Ein Festhalten an einer allzu spendierfreudigen Regierungspolitik könnte zudem die Inflation tendenziell weiter anheizen und damit die erfolgreiche Inflationsbekämpfung der kanadischen Zentralbank konterkarieren.

Angesichts des immensen internationalen Wettbewerbsdrucks mit massiven Neuausrichtungen bei Handelsströmen, Lieferketten und lokalen Wertschöpfungsanteilen darf Kanada sich keinesfalls auf seinen Lorbeeren ausruhen, will es auch zukünftig weiterhin zu den Top-Standorten der Welt gehören.