Nach einem Zick-Zack-Kurs ohne Gleichen hat US-Präsident Donald Trump seine Drohungen wahr gemacht. Auf fast alle kanadischen Importwaren werden Zölle in Höhe von 25 % erhoben, auf Energieprodukte 10 %. Ausgenommen sind zunächst Automobilhersteller, denen ein Aufschub bis April gewährt wird. Der scheidende kanadische Premierminister Justin Trudeau reagiert mit Gegenzöllen von 25 % auf US-Waren im Wert von 30 Milliarden US-Dollar, deren Volumen auf insgesamt 155 Milliarden Dollar steigen soll. Auch kanadische Provinzen planen Vergeltungsmaßnahmen, etwa die Einschränkung oder Verbot des Verkaufs von US-Alkohol. Der Premier der Provinz Ontario droht sogar mit einer Stromabschaltung für südliche Nachbarstaaten – eine Maßnahme, die 1,5 Millionen Haushalte betreffen würde.
Die Zölle treffen die drei größten Handelspartner der Vereinigten Staaten – sowohl bei Importen als auch bei Exporten. Kanada und Mexiko sind überdies mit den USA durch ein Freihandelsabkommen verbunden:
Wirtschaftliche Folgen
Trotz angekündigter staatlicher Unterstützung für Unternehmen werden die Zölle in Kanada schwerwiegende Auswirkungen haben. Kanadische Firmen müssen mit steigenden Betriebskosten, sinkenden Gewinnmargen und eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten rechnen. Sollten die zusätzlichen Kosten an Verbraucher weitergegeben werden, droht Inflation. Gleichzeitig könnten US-Käufer weniger kanadische Produkte importieren, was exportabhängige Branchen wie die Fertigung, die Energieindustrie sowie die Luft- und Raumfahrt erheblich treffen würde.
Experten warnen vor einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP), einem verlangsamten Wirtschaftswachstum und steigender Arbeitslosigkeit. Die Bank of Montreal (BMO) geht davon aus, dass die Zölle das reale BIP-Wachstum im Jahr 2025 um 1,5 Prozentpunkte auf nur noch 0,5 % senken werden. Gleichzeitig könnte die Inflation um einen Prozentpunkt steigen, während die Arbeitslosenquote von 6,6 % (Stand: Januar) auf 8 % klettern könnte. Der Immobilienmarkt dürfte schwächeln, bevor er sich 2026 mit niedrigeren Hypothekenzinsen erholt. Auch eine massive Zinssenkung der Bank of Canada um bis zu vier Schritte à 0,25 % wird diskutiert.
Veränderung des kanadischen Selbstverständnisses
Die Maßnahmen lösen in Kanada ein Umdenken aus. Jahrzehntelang enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu den USA werden infrage gestellt. Viele Kanadier fühlen sich verraten. Selbst einstige Trump-Anhänger unter den Truckern erkennen die wirtschaftlichen Risiken.
In Eishockey-Stadien wird die US-Hymne ausgebuht, Boykottaufrufe gegen amerikanische Produkte nehmen zu, und in Supermärkten finden sich vermehrt Hinweise auf „kanadische Produkte“. Viele Kanadier haben sich Apps heruntergeladen, die geeignete Alternativen zu US-Produkten aufzeigen. Der kanadische Patriotismus erlebt einen gewaltigen Aufschwung, parteipolitische Differenzen treten in den Hintergrund. Die Enttäuschung über die USA ist in Wut umgeschlagen: 27 % der Kanadier betrachten sie nicht mehr als Freund, sondern als Feind. Gleichzeitig werden verstärkte Anstrengungen zur Stärkung des Binnenmarktes unternommen.
Doch auch in den USA wächst die Nervosität. Nach Trumps Zollankündigung erlitten die US-Aktienmärkte am Montag und Dienstag massive Verluste. Umfragen zeigen einen deutlichen Rückgang des Verbrauchervertrauens, steigende Inflationserwartungen und hektische Vorbereitungen der Unternehmen auf Lieferkettenstörungen und höhere Kosten.
Zunächst ignorierten Investoren und Unternehmen – im Vertrauen auf Steuersenkungen und Deregulierung – die Gefahr eines Handelskriegs. Doch dieser Optimismus schwindet zunehmend, und Verbraucher können oder wollen die steigenden Preise nicht mehr akzeptieren. Eine aktuelle Umfrage des Conference Board verzeichnete den stärksten Rückgang des Verbrauchervertrauens in den USA seit August 2021 – begleitet von steigenden Inflationserwartungen.
Laut Berechnung der Yale-Universität könnten die Preise in den USA um 1 bis 1,2 % steigen. Dies liegt nicht nur an teureren Importen, sondern auch daran, dass heimische Unternehmen aufgrund der geringeren Konkurrenz aus dem Ausland ihre Preise anheben können. Besonders betroffen sind Autos und Autoteile, deren Preise für US-Konsumenten laut Modellrechnung um 6,1 % steigen könnten – was durchschnittlich 2.900 Dollar pro Fahrzeug bedeutet.
Wie sagte Albert Einstein doch so treffend? „Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit; aber beim Universum bin ich mir immer noch nicht ganz sicher.“